
Sir Rod Stewart dürfte mehr als stolz auf seinen Celtic Football Club sein. Die Bhoys in Green schieden zwar beim Play-off-Rückspiel in München spät aus, lieferten aber beim 1:1 (0:0) eine ganz starke Leistung ab und bereiteten dem sechsmaligen Titelträger mehr Probleme als erwartet.
Es sollte eine große Party in Rot und Weiß – 75.000 Zuschauer in der Allianz Arena waren voller Vorfreude und erwarteten einen klaren Sieg ihres FC Bayern über den schottischen Meister. Manch einer von ihnen träumte von einem ähnlichen Kantersieg, wie ihn Borussia Dortmund in der Ligaphase gegen Celtic feiern konnte. Seinerzeit kassierten die Hoops eine satte 1:7-Klatsche. Aber Trainer Brendan Rodgers und sein Team hatten die Lehren aus dieser Klatsche beim BVB gezogen und sich in den Wochen und Monaten auf internationalem Parkett anders präsentiert. So wie auch in den letzten 20 Minuten beim Hinspiel gegen die Bayern, als man nach dem Anschlusstreffer dem Unentschieden ganz nah war und nur eine überragende Parade von Welttorhüter Manuel Neuer das Remis verhinderte.
Wenig überraschend war demzufolge auch, das Celtic-Coach Rodgers in Münchendie gleiche Elf ins Spiel schickte, die auch in den letzten 20 Minuten des Hinspiels auf dem Rasen stand. Jota kam für Idah in die Mannschaft, dazu ersetzte Schlupp Taylor links hinten.
Und die Rechnung schien aufzugehen. Celtic spielte stark gegen den Ball und kombinierte gekonnt nach vorne. Und kam zu Chancen.
McGregor verzog knapp, dann wurde ein Schuss von Kühn so gerade noch vor der Linie von Guerreiro geklärt – Bayern-Torhüter Neuer schon und geschlagen. Und schließlich schoss Maeda rechts am Kasten vorbei.
Die Bayern taten sich lange schwer, gegen die klug verteidigende Rodgers-Elf zu Chancen zu kommen. Erst kurz vor der Pause wurde es für die Bhoys erstmals richtig brenzlig: Kane traf aus elf Metern nur die Latte.
Auch nach der Pause zunächst das gleiche Bild: Celtic stand defensiv gut, verteidigte alles weg und schaltete immer wieder blitzschnell um. Nach einem Querpass von Stanisic vor dem Münchner Strafraum spitzelte Daeda die Kugel zu Kühn, der dann alleine vor Neuer links unten zur nicht unverdienten 1:0-Führung einschob (63.).

Die Bayern, bei denen Kane nach der Pause wegen Wadenproblemen in der Kabine bleiben musste, reagierten auf den Rückstand mit wütenden Angriffen, vergaben aber gegen die stark verteidigenden Gäste und den überragenden Celtic-Keeper Schmeichel aber zu viele Chancen. So verrann die Zeit und als alles mit der Verlängerung rechnete, schlug der deutsche Rekordmeister dann doch noch zu. Nach einer Flanke von Olise vom rechten Strafraumeck scheiterte Goretzka noch per Kopf an Schmeichel. Aber Davies setzte nach und stocherte das Leder in der fünften Minute der Nachspielzeit über die Linie. Der Rettungsversuch von Celtic Abwehrboss Carter-Vickers kam zu spät.Kurz darauf pfiff der Schiedsrichter ab.
Die Celtic-Spieler sanken enttäuscht auf den Rasen, die Bayern jubelten ausgelassen vor ihrer Fankurve. Als sich die erste Enttäuschung gelegt hatte, ließen sich Kühn, Jota und Co von den mitgereisten Celtic-Fans dennoch feiern. Der Underdog hatte den Titelfavoriten zumindest am Rande des Ausscheidens.

Trainer Rodgers zog nach dem Spiel dann auch ein positives Fazit: „Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, sie hat eine fantastische Leistung gezeigt. Die Spieler haben alles in dieses Spiel gelegt und haben es den Bayern sehr schwer gemacht. Phasenweise haben wir auch richtig guten Fußball gespielt. Wir haben gut angefangen, hatten unsere Chancen, haben gut verteidigt und zur richtigen Zeit gut gepresst. Wir haben uns im Vergleich zur letzten Saison weiterentwickelt und uns in diesem Jahr noch einmal verbessert. Ich bin wirklich gespannt, was dieses Team in der Zukunft leisten kann“, so der Coach.
Und Bayern-Spieler Leon Goretzka sagte nach dem Schlusspfiff: „Ich weiß nicht, ob es überraschend war, wenn man sich das Hinspiel anschaut. Wir haben gegen eine Mannschaft gespielt, die wirklich was draufhat. Ohne das Gegentor hätten wir es uns etwas leichter machen können. Aber in den letzten sechs Tagen und den drei Spielen ging es einfach darum, Ergebnisse zu erzielen und das haben wir geschafft. Deswegen sind wir sehr glücklich darüber.“
Wie Rockikone und Celtic-Fan Rod Stewart das späte Aus der Hoops in der Königsklasse verdaut hat, ist (noch) nicht überliefert. Der Sänger, der am letzten Mittwoch noch mit zwei TV-Interviews am Spielfeldrand im Celtic-Park für beste Unterhaltung sorgte, zeigte sich vor dem Spiel mit seinem Sohn Alastair in trauter Zweisamkeit – und im Celtic-Trikot – vor dem Fernseher. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass der Münchner Lucky Punch in der Nachspielzeit nicht unbedingt für die beste Laune im Hause Stewart gesorgt haben dürfte.
Sir Rod hatte aber bereits in der vergangenen Woche betont, wie stolz er auf seinen Klub ist. „Diese Mannschaft hatte einen besseren Lauf in der Champions League als viele andere zuvor, zumindest, soweit ich mich erinnern kann“, hatte er am Mittwoch – vor den beiden Spielen gegen die Bayern – bereits treffend formuliert. Daher ist davon auszugehen, dass Rod, nach dem Spiel und der Leistung gestern noch etwas stolzer auf seine Bhoys in Green sein dürfte.
Zum Abschluss dieses Textes gestatten Sie mir noch eine kleine Anmerkung in eigener Sache: Ich bin seit den 1970er-Jahren Bayernfan, einige Jahre später – bei einem Besucht im Celtic Park, wurde ich dann auch zum Celtic-Supporter. Gestern war es das erste Mal in meinem Leben bei einem Tor des FC Bayern verärgert – glauben Sie es mir oder nicht. Aber Celtic hätte nach diesem Spiel zumindest die Verlängerung verdient, ob es dann am Ende zur großen Überraschung gereicht hätte, sei mal dahingestellt. Als Celtic-Fan halte ich es mit Sir Rod und bin einfach nur stolz auf diese Mannschaft, die gezeigt hat, dass die Gräben zu den Topteams in Europa bei weitem nicht mehr so groß sind, wie sie einmal waren. Celtic darf hoch erhobenen Hauptes die Königsklasse verlassen. Als Bayernfan sage ich nur: Jetzt holt diesen verdammten Pott einfach nach Hause.
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