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Handbags And Gladrags: Straßenmusiker Henry Facey im STORYTELLER-Interview über seinen speziellen Auftritt mit Rod Stewart

Stell dir vor, du trällerst ganz entspannt ein Liedchen und auf einmal steht ein Musik-Superstar neben dir und singt einfach so mit. Gibt’s nicht? Gibt’s doch!

 

Passiert ist das dem englischen Musiker Henry Facey im November 2017 in London. Da dudelt der Sänger am weltbekannten Piccadilly Circus im Herzen der britischen Hauptstadt ein paar Lieder für die vorbeilaufenden Passanten und auf einmal steht niemand anderes als Megastar Rod Stewart neben ihm, schnappt sich das Mikrofon und singt einfach mit, als Henry gerade dessen Song Handbags & Gladrags zum Besten geben wollte.

 

Rod übernahm wie selbstverständlich den Gesangspart und präsentierte den staunenden Passanten ein Mini-Gratis-Konzert mitten in London „Die Rückkehr auf die Straßen Londons war sensationell“, schrieb Stewart später auf seinem offiziellen Facebook-Account und postete dazu ein kurzes Video.

 

Wie allgemein bekannt sein dürfte, war Sir Rod zu Beginn seiner langen Karriere ebenfalls ein Busker (Straßenmusiker) und verdiente sich seine ersten Taler mit dem Singen von Liedern auf den Straßen der britischen Hauptstadt, ehe ihn der britische Musiker Long John Baldry beim Mundharmonikaspielen auf dem Londoner Bahnhof Twickenham entdeckte und dem jungen Rod zum Start seiner inzwischen einzigartigen Karriere verhalf.

 

Henry Facey hatte an diesem Novembertag 2017 jedenfalls das wohl bisher einmaligste Erlebnis seiner Karriere. Im Gespräch mit dem STORYTELLER blickte Henry nun noch einmal auf diesen Tag zurück.

 

Gleich zum Beginn unseres über eine Stunde dauernden Interviews merkt man, wie sehr Henry noch von diesem für ihn verständlicherweise sehr besonderen Tag schwärmt. „Das war ganz sicher das absolute Highlight in meinem Leben als Musiker“, macht er sofort klar. Klare Sache, wer würde nicht einmal gerne gemeinsam mit einem absoluten Topstar einen Song singen.

 

"Das Ganze war eine Aktion zugunsten der Charity-Aktion Teenage Cancer Trust und wurde von meinem Freund Alistair Morrison, einem Fotografen, und Roger Daltrey organisiert", erzählte Henry gleich zu Beginn unseres Gespräch."So ganz spontan, wie es vielleicht erschien, war die Aktion also nicht". Teenage Cancer Trust ist eine gemeinnützige Organisation für Krebsvorsorge und -unterstützung in Großbritannien, die sich dafür einsetzt, die Krebserfahrung von jungen Menschen im Alter von 13 bis 24 Jahren zu verbessern. 

 

Die Stunden vor dem Auftritt mit Rod Stewart wurden für den Musiker aber durchaus sehr stressig. Erst am Abend zuvor bekam er die definitive Zusage, dass der Gig auch wirklich stattfinden würde.

 

„Der Fotograf und mein heutiger guter Freund Alistair Morrison, der gemeinsam mit The Who-Mitbegründer Roger Daltrey die Organisation übernommen hatte, rief mich am Abend zuvor an und sagte mir da erst, dass mein Auftritt mit Rod auch wirklich stattfinden würde“, so Facey. Doch zu diesem Zeitpunkt stand noch gar nicht fest, wo das Ganze über die Bühne gehen sollte. „Ich fand den Trafalgar Square für unseren kleinen Gig recht passend, aber ich musste feststellen, dass genau am folgenden Tag dort ein anderes Event geplant war und wir brauchten also einen Ersatzort. Unsere Wahl fiel dann auf den Piccadilly Circus. Alistair war einverstanden und informierte Rods Team“.

 

Von dem bekam Henry auch mitgeteilt, dass es für den nächsten Tag zwei Songs geben würde, die Rod mit Facey singen wollte: Handbags & Gladrags sowie Maggie May. Den Abend verbrachte unser Busker also damit, diese beiden Songs für den nächsten Tag einzustudieren. „Das war gar nicht so einfach, ich hatte die noch nie gespielt. Und es musste ja auch perfekt werden, schließlich musste ich sie gemeinsam mit Rod Stewart himself performen und da musste natürlich alles stimmen“, blickt Henry zurück.

 

Der nächste Tag, Montag, der 6. November 2017, begann zunächst ganz normal. Am Vormittag übte Henry noch einmal die beiden Stewart-Songs und machte sich dann am frühen Nachmittag mit seiner Gitarre und seinem Equipment auf den Weg zum Piccadilly Circus. Dort baute er dann seine Anlage auf und begann die vorbeilaufenden Passanten mit einigen Songs zu unterhalten. Niemand – abgesehen von Henry selbst – hatte auch nur einen Schimmer, was gegen 15 Uhr am Nachmittag passieren würde.

 

„Eigentlich war ich nicht sehr nervös, eher ein bisschen gespannt. Vor allem darauf, wie Rod mit dieser Situation umgehen würde. Immerhin war er seit Jahrzehnten nicht mehr als Straßenmusiker unterwegs“, beschrieb Henry das, was ihm so alles durch den Kopf ging als er auf die Ankunft des Maggie-May-Sängers wartete.

 

Der kam pünktlich – Henry performte gerade den Song Blowing In The Wind von Bob Dylan. Um Punkt 15 Uhr kam am Piccadilly an und bahnte sich seinen Weg durch die ersten staunenden Passanten hindurch zu Henrys „Bühne“.

 

„Ich war nun doch etwas nervös, als er da so auf mich zukam“, gab Facey zu. „Aber Rod, ganz der Frechdachs, wie man ihn kennt, löste sofort die Anspannung bei mir, indem er mir zur Begrüßung erst einmal kräftig in meinen Hintern kniff und dabei schelmisch grinste“, lacht Henry. „Dass er mich so behandelt hat wie auch wahrscheinlich seine besten Kumpels, hat das Eis gebrochen und mir die Nervosität mit einem Schlag genommen“.

 

Henry stimmte wie besprochen den Song Handbags & Gladrags an. Rod Stewart begann zu singen und die Menschen blieben stehen und lauschten. Viele zückten ihre Handys und begannen zu fotografieren und zu filmen. „Die Art und Weise wie Rod diesen Song gesungen hat, hat mir eine Menge Sicherheit gegeben. Das kann wohl nur so ein Profi wie er. Auch zog er mich dann an meiner Jacke und näher zu sich heran und zeigte mir so, dass wir in diesem Moment gleichberechtigte Künstler waren. Ich begann, einfach nur noch zu genießen“, erinnert sich Henry und hört mit seinem Schwärmen über Sir Rod gar nicht mehr auf.

 

„Als Rod mir dann ein Zeichen gab, dass wir langsam zum Ende kommen sollten, hätte ich am liebsten noch weitergespielt. Aber ich tat wie mir geheißen und brachte den Song zum Ende“. Doch Henry ließ den Superstar nicht gehen, ohne sich von ihm noch seine Gitarre signieren zu lassen, was Rod sofort tat. „Of course mate‘, sagte er zu mir und als er dann zu dem auf ihn wartenden Auto zurückging, folgten ihm alle, in der Hoffnung noch ein Autogramm oder ein Foto erhaschen zu können. So hatte ich Zeit, um etwas runterzufahren und das aufgekommene Adrenalin wieder etwas abzubauen“, war der Musiker ganz froh, dass er erstmal etwas durchschnaufen konnte.

 

„Ganz sicher, dieser Auftritt mit Rod Stewart war DER bisherige Meilenstein in meiner Karriere“, schwärmt Henry noch heute. Das Spontan-Konzert am Piccadilly Circus hat den Sänger auf jeden Fall bekannter gemacht. „Klar, da sprechen dich schonmal Leute an und sagen: ‚Bist du nicht der, der letztens mit Rod Stewart gesungen hat?‘

 

Sir Rod hat er nach dem Auftritt vor sieben Jahren aber nicht mehr wiedergesehen. „Nein, getroffen haben wir uns nicht noch einmal und auch sonst keinen Kontakt gehabt“, Facey macht so ein bisschen den Eindruck, dass er darüber nun doch etwas traurig ist. „Ich würde ihn gerne mal in einem Pub treffen, mit ihm dann gemeinsam ein, zwei Pints trinken und einfach ganz unkompliziert über Gott und die Welt quatschen“. Damit ist der Musiker aus dem Norden Londons sicher nicht alleine.

 

Eins blieb aber auch in den Tagen nach dem Auftritt, in denen die Medien über diese recht spontane Charity-Aktion rauf und runter berichteten, etwas auf der Strecke. Und zwar die Frage, wer eigentlich dieser Henry Facey ist. Mehr, als dass er regelmäßig als Straßenmusiker unterwegs ist, kam in den ganzen Berichten eigentlich nicht heraus. Aber dem wollen wir heute – wenn auch sehr viele Jahre später -  Abhilfe schaffen.

 

Henry Facey ist ein in London geborener und lebender englischer Gitarrist, Pianist und Singer/Songwriter.  Er verbrachte seine Teenagerjahre in Frankreich, wo er 2007 in das IMFP (Berufsschule für Musikausbildung) eintrat, und dann 2013, nachdem er seinen Englisch-Master-Abschluss gemacht und zwei Jahre lang als Vollzeit-Sprachlehrer gearbeitet hatte, beschloss, nach London zurückzukehren, um sein Glück mit der  Musik zu machen.

 

Schon in jungen Jahren, von den alternativen Musikszenen der 60er und den Independent-Musikszenen angezogen, hat Facey eine große Leidenschaft für das Schreiben eigener Songs entwickelt. Man könnte seinen Stil als roh und doch melodisch mit introspektiven Texten beschreiben in dem Facey oft über tiefe existenzielle Gedanken und innere Konflikte meditiert und den Hörer einlädt, in sein einzigartiges musikalisches Universum einzutauchen.

 

Im Rahmen des Projektes für den Teenage Cancer Trust konnte Facey auch mit solchen Musiklegenden wie John Paul Jones (Led Zeppelin), Tom Jones und Ray Davies (The Kinks) auftreten.

 

Derzeit arbeitet Facey an seinem zweiten Album, das in Kürze erscheinen soll. „Das neue Album heißt Urban Tales und unterscheidet sich ein wenig von meinem ersten Album Ocean Sky, das im Februar 2022 erschien. „Das neue Album  wird etwas weniger melodisch, eher etwas rhythmischer und einen Touch roher würde ich sagen“.

 

Wer mehr über den Musiker aus London erfahren möchte, findet alle Informationen auf seiner offiziellen Homepage: https://www.henryfacey.com/

 

Zu seinem Spotify-Profil geht es hier: https://open.spotify.com/intl-de/artist/2Rq8DgCx5RQ1GXgDZjoRGB

 

 

 

Text: Martin Heidt

 

Video & Bilder: Henry Facey

 

 

 

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